Rhodos Journal


Der einzige Bekenntnis-Unterschied: unbegründet und unbegreiflich

Wir haben mit den orthodoxen Christen ein gemeinsames Glaubensbekenntnis (nachzulesen in unserem Gesangbuch unter der Nr. 805) - bis auf ein einziges Wort:

"Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht,

der aus dem Vater und dem Sohn (lateinisch: filioque ) hervorgeht,

der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird,

der gesprochen hat durch die Prophethen.."

Was da im Deutschen drei Worte sind, "..der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht", ist im Lateinischen ein einziges, filioque, und um dieses Wort dreht sich ein uralter Streit.

In den Konzilien zu Nicäa und Konstantinopel war zu glauben festgehalten, daß der Heilige Geist, die dritte Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, allein vom Vater ausgeht, und tatsächlich war das Glaubensbekenntnis jahrhundertelang ausschließlich in den Kirchen des Westens wie des Ostens so im Gebrauch. Der Zusatz, der Heilige Geist gehe nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn aus, taucht zum ersten Mal im 6. Jahrhundert in Spanien auf und fand offensichtlich rasch Zustimmung. Lateinische Mönche, die im Jahre 807 in Jerusalem das Glaubensbekenntnis mit diesem Zusatz sangen, lösten damit einen heftigen Streit mit den dortigen griechischen Christen aus. Papst Leo III. stellte daraufhin 809 fest, der Zusatz sei zwar in sich rechtgläubig, aber niemand habe das Recht, am Glaubensbekenntnis auch nur ein einziges Wort zu ändern, und ließ zwei Tafeln mit dem griechischen und dem lateinischen Text ohne den Zusatz im Petersdom aufstellen. Schließlich habe ja das von allen anerkannte Konzil zu Ephesus festgelegt, daß der Wortlaut des christlichen Bekenntnisses ein für allemal feststehe.

In den folgenden Jahrhunderten drehte sich denn auch der Streit viel weniger um den Inhalt des Zu-satzes "filioque", als vielmehr darum, ob der römische Papst als Patriarch des Westens das Recht habe, am Glaubensbekenntnis irgendetwas zu ändern. Der theologische Inhalt dieses Streites war

den einfachen Gläubigen ja ohnehin nicht zu vermitteln. Das Glaubensbekenntnis, einst formuliert in der Sprache griechischer Philosophie, war schon damals ein schwieriger Text, den man zwar auswendig lernte, aber kaum verstand.

Im 15. Jahrhundert gab es noch einmal intensive Religionsgespräche zwischen Ost und West zu diesem Thema: Konstantinopel war in äußerster Bedrängnis wegen der Türken und hätte den Beistand des Westens dringend gebraucht. Stattdessen sieht es so aus, als hätte man im Patriarchat Rom diese Bedrängnis ausgenutzt, um dem Osten das "filioque" aufzuzwingen. Kein Wunder, daß diese Gespräche scheiterten, Ost und West blieben in dieser Frage uneins.

Warum wir heute noch von diesem alten Streit reden? Es blieb für die orthodoxe Kirche unbegreiflich, warum der Westen mutwillig das gemeinsame Glaubensbekenntnis aufgegeben hat und nicht bei der Tradition geblieben ist, die viele Jahrhunderte lang Ost und West miteinander verbunden hat.

Die Altkatholische Kirche hat übrigens schon 1875 diesen Zusatz aus ihrem Bekenntnis gestrichen. Der Respekt vor der Geschichte könnte auch den anderen westlichen Kirchen helfen, einen uralten Stolperstein auf dem Weg der ökumenischen Begegnung zur Seite zu rollen.

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