Rhodos Journal


Weihnachten 2002 - Die Feiertage Teil 4


Der 31. Dezember war da. Griechenlandkenner werden wissen, dass Sylvester dort bei weitem nicht die Bedeutung hat wie bei uns. Große Knallerei gibt es nicht und die nächtlichen Feiern halten sich auch in Grenzen. Meist wird die ganze Nacht Karten gespielt da der, der hier am meisten Glück hat, das ganze Jahr Glück hat.

Tagsüber sind wir etwas in Kalithies gewesen, haben im Kafenion ein paar Freunde getroffen, haben unseren Vermieter im Geschäft besucht, also ein wenig herumgegammelt. Nachmittags ein kleines Schläfchen war auch nicht schlecht.

Abends sind wir dann in die Stadt zu unseren Freunden Lilli und Takis gefahren. Wie üblich bei Lilli war der Tisch wieder dem Anlass entsprechend geschmückt und in der Küche war Großbetrieb. Sebastian der Sohn war, wie die ganze Familie fein herausgeputzt. Joanna die Tochter war noch voll am stylen. Bei ein paar Trinks unterhielten wir uns, bis aufgetischt wurde. Ja was gab's wieder? Soweit ich es noch zusammenbringe folgendes: Rotkohl nach norddeutscher Art (ich musste Lilli leider enttäuschen, die Bayern machen ihn genau so), gekochte Rinderzunge, Kalbsrouladen und einiges mehr. Wie üblich alles hervorragend zubereitet und nach dem Essen satt ohne Ende.

Sebastian war schon hektisch, da er einige Freunde nach 24 Uhr im Lager des Geschäftes zu einer Party eingeladen hatte. Natürlich musste einiges hergerichtet, Gläser und Getränke hingebracht werden usw. Joanna war nach dem Essen wieder am Stylen. Sie wollte nach Mitternacht ausgehen. Wir ließen die Jungen machen, unterhielten uns tranken etwas. Eigentlich hatten wir "Alten" auch vor um 24 Uhr zum Mandraki zu gehen und das Feuerwerk anzusehen. Es verging uns allerdings, da es schon wieder zu regnen begonnen hatte. Bis wir uns umsahen war es knapp Mitternacht. Die Hektik begann. Im Fernseher wurde genau geschaut, wann die Uhr 24 war. Wir umarmten uns und wünschten uns alles Gute zum neuen Jahr. Auf dem Balkon versuchten wir ein paar einsame Sylvesterraketen in der Stadt auszumachen. Der Regen hat es wohl den meisten verleidet diese in den Himmel zu schicken oder durch die "hohe Luftfeuchtigkeit" waren nur Blindgänger unterwegs. Viel war jedenfalls nicht zu sehen.

Bei den Jungen war der Teufel los. Die Mobiltelefone hörten vor lauter SMS nicht mehr zu piepsen auf und auch das normale Telefon stand nicht mehr still. Ich wollte, obwohl gegenüber Deutschland eine Stunde voraus, auch einige Telefonate mit Neujahrswünschen führen. Direkt nach 00 Uhr keine Chance – Netzüberlastung -.

Nachdem sich die Hektik gelegt hatte, trug Takis die Vasilopita auf. Was es mit diesem Kuchen auf sich hat, ist hier beschrieben.
Vasilopita
Sebastian verzog sich in seinen "Partyraum" und auch Joanna war mit dem Styling fürs Ausgehen zum Bousoukia langsam fertig. Es dürfte so nach 1 Uhr gewesen sein, als wir "Alten" alleine waren. Es ist doch immer wieder schön zu sehen, wie die Jugend noch den Elan hat, sich zu vorgerückter Stunde noch voll fit sich ins Nachtleben zu stürzen. Erinnerungen an die eigene Jungend werden wach. Obwohl so ganz aus dem Alter für solche "Umzüge" sind wir auch noch nicht heraus.

Langsam wurde ich aber doch müde und wir verabschiedeten uns, natürlich nicht ohne uns recht herzlich für den gelungenen Abend zu bedanken.

Eigentlich hätten wir noch auf eine große Party bei Freunden in Koskinou gemusst. Zwei Dinge verleideten mir allerdings dieses Vorhaben. Erstens regnete es in Strömen und zweitens hatte ich auf der Nationalstraße kurz nach Rhodos einen Riesenschrecken. Mitten auf der Straße standen Leute. Ich dachte, jetzt haben sie dich beim Alkotest, das ist die Polizei. Ich war zwar nicht betrunken, aber unter 0,5 Promille hatte ich sicher nicht. Als wir näher kamen entpuppte sich die Polizei aber als ein paar Betrunkene, die per Anhalter fahren wollten. Na gut es war schon fast 3 Uhr, also nach Hause.

Der 1. Januar der Tag des "Agios Vasilis" ist eigentlich in Griechenland der Tag, an dem die Kinder beschenkt werden. Also, wieder ein Tag für Familienfeiern. Wir waren mittags bei der Familie von unserem Freund Tsambikos eingeladen.

Tisch bei TsambikosAuch als wir bei Litza und Tsambikos ankamen, war reges Treiben in der Küche. Wir Männer genehmigten uns einen "Frühschoppen" mit Bier und Raki. Vorher konnte ich aber endlich meine Weihnachtsgeschenke, leider nur in Geldform (kein Platz im Gepäck), an die Kinder loswerden. Tsambikos meinte, das wäre der richtige Tag. Nach einer Weile kamen auch Litzas Eltern, die ebenfalls eingeladen waren. Und geneigter Leser, was kommt jetzt? Natürlich die Speisenfolge. Eine herrliche Gemüsesuppe, dann Salat, als Hauptspeise ein im Ganzen gebratenes Rinderfilet dazu eine Champignon- Sahnesoße, Reis mit frischen Maronen gemischt, Kartoffeln und Broccoli. Nachher Weihnachtsgebäck, griechischen Kaffee und ein paar Verdauungs-Rakis. Alles wieder, ich wiederhole mich, hervorragend.

Draußen kam - oh Wunder - mal ein wenig die Sonne heraus und Tsambikos schlug vor einwenig auszugehen. Es kostete mich einige Überredungkünste, dieses Ausgehen in Kalithies einmal zu Fuß zu machen. Weit (2 Häuser) kamen wir am Anfang allerdings nicht. Tsambikos klopfte am Haus bei Manias (einem Rollerverleiher, den wir auch lange kennen) an die Türe. Lachen und Verwunderung, als er uns sah. Schon saßen wir wieder in deren Wohnzimmer. Die Vasilopita kam auf den Tisch – ich konnte nicht mehr -. Kaffee, Bier, Metaxa, Whisky wurde gefragt. Gut noch einen Metaxa zur Verdauung.

Dann wirklich ein paar Schritte zu Fuß. Wir schafften es bis zum Fußballstadion und zurück. Auf dem Weg fällt einem dann doch einiges auf, was einen verwundern lässt. Rings um den Friedhof blühen Rosensträucher, als wäre es Sommer und nicht der 1. Januar, Früchte von Mandarinenbäumen verfaulen am Boden, da es so viele gibt, dass sie wahrscheinlich schon keiner mehr sehen kann, grüne Wiesen überall.

Am Rückweg dieses "ausgedehnten" Spaziergangs kamen wir dann noch am Haus von Litzas Tante vorbei. Ohne auch dort einen Besuch abzustatten ging natürlich bei Tsambikos gar nichts. Auch dort war viel Besuch da und natürlich, wie kann es anders sein, kam sofort wieder was auch den Tisch. Als ich Süßigkeiten vehement verweigerte, wurde etwas zum Knabbern hingestellt. Ein Whisky musste natürlich auch sein.

Was machen mit diesem, mittlerweile angebrochenem Abend? Ausgehen(!) - was sonst -. Wir setzten uns ins Auto. Ich ließ gleich Tsambikos fahren, bevor ich mich überall hindirigieren lassen musste. Als erstes war "Mike suchen" angesagt. Ich erwähnte es schon öfter. Zuerst fuhren wir nach Kremasti und klapperten ein, zwei Lokalitäten ab, kein Mike. Im Zweifelsfall, wenn man jemand in der Gegend sucht, wird dann in Kremasti der blinde Betreiber des Periptero auf der Hauptstraße befragt. Dieser meinte Mike sei u. U. in einer Kneipe in Paradisi. Also weiter nach Paradisi. Nach der Ortschaft gibt es eine Ouzerie, Bar, Restaurant ich weiß nicht, wie ich es bezeichnen soll, das da heißt "Airport View". Es war bereits Nacht und von außen konnte man über die großen Fenster in das Lokal sehen. Mein Freund sagte, er sitzt drin. Meine Sehstärke reicht nicht mehr soweit und ich musste es glauben. Auto geparkt und an das Lokal herangepirscht. Türe auf und Mike grinst breit. Mit ihm war auch ein Freund von uns Sotiris am Tisch. Ich tippte von hinten Sotiris (er saß mit dem Rücken zur Tür) auf die Schulter und sagte "Gia sou Sotiri, kali chronia". Ihn traf fast der Schlag. Mike sagte zwar zu ihm, Helmut kommt herein, Sotiri glaubte ihm das aber, wie Mike später erzählte, mit der Bemerkung "Malaka ...", nicht. Ein Geschrei, Gelächter, Begrüßung ohne Gleichen. Den ganzen Nachmittag hatten Tsambikos und wir ja "nichts" getrunken, also hatten wir Durst. Bier wurde bestellt und auch Mike und Sotiris stiegen von Whisky auf Bier um. Mike erzählte, am Vortag hätten sie von mir gesprochen, da Mike vage wusste, dass ich auf der Insel wäre. Sotiris hielt dies alles für Humbug und jetzt saß ich bei ihm am Tisch.

Lange haben wir in der Kneipe geredet und viel gelacht und einige Biere getrunken. Zu viel Bier macht aber den Magen so voll, also sind wir dann doch wieder auf Whisky umgestiegen.

Was anfangen mit dem angebrochenem Abend? Tsambikos schlug vor wieder in sein "Lieblingswinterdorf" nach Pastida zu fahren. Mike zog nicht so recht, zumal er meinte Sotiris sei schon ganz schön besoffen. Wir fuhren trotzdem.

Typisch griechisch schlichen wir mit dem Auto an ein paar Kneipen vorbei und schauten, wo was los wäre. In dem Kafenion, in dem wir ein paar Tage vorher waren, war "tote Hose". Eine Straße weiter war eine Bar, die einem Freund von Tsambikos gehört und dort war die Bude voll. Wir hinein. Den Besitzer dort kenne ich seit einiger Zeit auch ganz gut. Wir gingen an die Bar. Hauptsächlich waren dort junge Leute. An den Tischen wurde Tavli gespielt und der DJ machte gute griechische Musik.

Es kamen auch einige, die wir Tage zuvor im Kafenion des Dorfes getroffen hatten. In Griechenland ist es einfach schön, dass, ob jung ob alt, ob arm ob reich, sich alle zusammen in den gleichen Lokalen treffen. Da sind auch die "Kinder" derer, mit denen wir zusammen standen, vertreten. Und keiner hat ein Problem miteinander.

Zur Abwechslung war mal wieder Bier angesagt. Scheinbar hatte Tsambikos langsam Hunger bekommen, da auf einmal 2 große Pizzen aus dem Nachbarlokal, das dem gleichen Besitzer wie die Bar gehört, auf dem Tresen standen. Dankbar ließen wir sie uns schmecken. Die Zeit verrann. Sotiris war mittlerweile so besoffen, dass Mike meinte, er müsse ihn nach Haus bringen. Soto war, aber so lange ich da war, nicht dazu zu bewegen, das Lokal zu verlassen. Also hakten wir ihn beide unter dem Arm und sagten wir gehen zusammen und brachten ihn zu seinem Auto. Hinein ins Auto "gia sou, kalinichta" und ab ging es. Natürlich fuhr Mike.

Auch Tsambikos und wir sind eine halbe Stunde später aufgebrochen. Zuerst haben wir Tsambikos nach Hause gebracht und dann sind auch wir nach diesem langen Tag leicht heiser vom Lachen und Reden ins Bett gekommen. Es war die letzte Nacht vor Abflug.

Mal schönes WetterDer Flug ab Rhodos ging so gegen 13:30. Am Morgen räumten wir noch das Haus etwas auf, zogen die Betten ab und richteten alles so her, dass man es im Mai wieder guten Gewissens betreten kann. Als wir alles gepackt hatten, fuhren wir nochmals nach Kalithies, um uns von einigen Freunden zu verabschieden. Dann sind wir zu Tsambikos an den Strand gefahren. Ausnahmsweise war es an dem Tag sonnig und warm und der Abschied fiel deshalb besonders schwer. Nach einem kleinen Frühschoppen sind wir nochmals zu Tsambikos Familie nach Kalithies, um uns zu verabschieden. Tsambikos fuhr uns dann mit unserem Leihwagen zum Flughafen. Wir waren für einen Inlandsflug viel zu früh dran. Die Zeit vertrieb uns dann Takis, der extra noch zum Flughafen kam, um uns eingelegten Oktopus zu bringen, den wir Sylvester vergessen hatten.

Gut es hieß Abschied nehmen. Mit dem Gedanken in gut 4 Monaten wieder da zu sein, fiel es nicht ganz so schwer.

Der Flug von Rhodos nach Athen war, wie ich schon im Internet recherchiert hatte, tatsächlich mit einer zweimotorigen Propellermaschine. Alles etwas kleiner und langsamer, aber ein schöner Flug. Die Maschine flog naturgemäß nicht so hoch wie ein Jet, daher sind wir durch große Wolkenformationen geflogen, die herrlich anzusehen waren.

In Athen hatten wir nur wenig Zeit zum Umsteigen und es wurde wirklich knapp. Nachdem wir durch den halben Flughafen gelaufen sind, um zu unserem Terminal zu kommen, wurde der Flug nach München schon mit dem letzten Aufruf bedacht und wir hatten noch mindestens 30 Leute vor uns bei der Sicherheitskontrolle. Gut es folgten noch ein paar allerletzte Aufrufe für unsere Maschine, aber sie hat brav gewartet.

Gegen 19 Uhr waren wir wieder in München. Das Wetter glich dem auf Rhodos – Sturm, nur "etwas" kälter.

Sicher war ich nicht das letzte Mal zu dieser Zeit auf Rhodos. So schlecht kann das Wetter gar nicht sein!

Ende


[ HOME ]