Rhodos Journal


Die Selbstverständlichkeit Dinge zu geben

Mein Großvater war nach seinem Studium Journalist, bevor er endgültig Rechtsanwalt wurde. Als junger Mann passierte ihm folgende Begebenheit, die er anschließend veröffentlichte:

Ich fuhr mit dem Boot nach Karpathos. Bei der Zwischenstation in Diafani stiegen drei Passagiere zu. Einer von ihnen - ein alter Mann in seiner Tracht - setzte sich neben mich und nahm aus seinem Sack einen Laib Brot, Paprika und andere Lebensmittel. Ich sah sehnsüchtig auf das frische dunkle Brot. Er merkte das, brach das Brot entzwei und bot mir das größere Stück an. Da ich zögerte, machte er eine forsche Bewegung, ich solle es mir nehmen. Ich nahm es und zögerte nicht, ihn zu fragen, was ich ihm schulde. Er hüstelte einmal, er hüstelte zweimal, nahm mir das Brot aus der Hand, warf es ins Meer und sagte: "Grundgütiger, ich bin dem Teufel begegnet." Er sah mich während der Überfahrt nicht mehr an.

Soviel zur Selbstverständlichkeit, Dinge zu geben.

Von: Robert Achileas Deutscher



Wettleidenschaft

Die Wettleidenschaft der Griechen ist ja sprichwörtlich und vor allem im Winter schlägt diese hohe Wellen.

Auf einer Nachbarinsel von Rhodos, der Name sei hier gütig verschwiegen, hat es sich nun begeben, dass diese Leidenschaft doch allzu sehr gefrönt wurde. Bei Karten- und Würfelspiel wurden nicht nur, wie üblich, Geld, Schmuck und Ziegen verwettet, auch Haus und Hof nebst Frauen und Töchter waren der Einsatz.

Die Zustände nahmen so schlimme Formen an, dass die Zentralgewalt davon erfuhr und sich genötigt sah zwei Polizisten aus Athen zu schicken um das Wetten zu unterbinden.

Wer sich auskennt den wird es nicht verwundern, dass hier nicht die örtliche Staatsgewalt damit beauftragt wurde.

Nun beobachteteten die beiden athener Polizisten jeden Tag die Männer im Kafenion und konnten ihren Vorgesetzten voller Stolz berichten, dass das liederliche Wetten ein Ende genommen hatte. Lediglich der Verzehr von Süßwaren, wohl als Ausgleich für die abhanden gekomme Winterbeschäftigung, habe erheblich zugenommen.

Ein Ende? Inselgriechen die sich Athener Vorgaben beugen? Was war geschehen? Wohl wissend, dass empfindliche Strafen drohten wenn das Wettverbot nicht eingehalten würde, fand der Wirt die Lösung. Wie jeden Tag trafen sich die Männer im Kafenion und jeder von Ihnen bekam ein Stück Baklava. Auffallend war, dass die Stücke genau die gleiche Größe hatten, auf den gleichen Tellern serviert wurden und jeder der Männer sein Stück erst einmal still vor sich hin stellte.
Die Einsätze werden durch Handzeichen verabredet und das Spiel kann beginnen. Und da, ein leichtes Brummen erfüllt den Raum - die Spannung steigt. Tatsächlich; die erste Fliege setzt sich auf ein Baklavastück.
Der Gewinner der Runde steht fest!

Von: Antonis - erzählt von Xenophanes



Gastfreundschaft in Archangelos

So wird die Geschichte erzählt - zumindest in Koskinou und nach einigen Flaschen Wein. Nun muss man aber auch wissen, dass die Rhodier für ihre Streitlust bekannt sind. Fragt man daher Menschen aus Koskinou, was sie von Bewohnern von Archangelos oder Afandou halten, so bekommt man zur Antwort "aba - alles Bauern, die nicht richtig schreiben und lesen können". Gut, dies trifft auf alle Dörfer auf Rhodos zu. Zumindest aus der Sicht des jeweils anderen Dorfes.

Jetzt aber zu unserer kleinen Geschichte aus den Anfängen des Tourismus.

Man erzählt sich, dass ein Bauer aus Archangelos einige Aparts gebaut hat, wie üblich mit Krediten von der Genossenschaftsbank, ohne auch nur die geringste Ahnung vom Tourismus zu haben, geschweige denn auch nur ein Wort in einer anderen Sprache zu sprechen, ausser in seinem Archangelos-Dialekt; was nur sehr wohlmeinende Menschen überhaupt als Griechisch bezeichnen würden.

Hierzu muss der Uneingeweihte wissen, dass es genau drei Zufahrten zu dem Dorf Archangelos gibt. Bis vor kurzem stand der Name des Dorfes Archangelos auf jedem Ortsschild an jeder der drei Zufahrten unterschiedlich angeschrieben. Dieser Umstand mag mit zur Entstehung der Geschichte beigetragen haben.

Zu unserem Bauer, den wir nicht aus den Augen verlieren wollen, kamen nun die ersten Touristen. Zur Begrüssung verständigte man sich wie üblich mit Händen und Füssen sowie einigen Häppchen und reichlich Ouzo. Nun kam es aber wie es kommen musste und ein Deutscher Tourist, nennen wir ihn der Einfachheit halber Herr Müller, hatte eine Frage die sich nicht mit Fuchteleien erklären liess. Jetzt waren der Bauer, Entschuldigung, der stolze Besitzer einiger Aparts und seine Frau sehr aufgeregt.

"Was will der Mann?" fragte der Bauer seine Frau. "Na was wird er wohl wollen; er wird Hunger haben!" antwortete seine Frau. "Dann schnell in die Küche und mach ihm ein Omlet!" befahl der Bauer.

Gesagt getan; Die Frau rannte in die Küche, siga, siga gilt ja nur für Männer, schlug zwei Eier auf, gab etwas geschnittenen Paprika und in der Hand zerbrösellten Schafskäse hinzu, schüttete alles in ein Pfanne die sie anschliessend auf den Herd stellte.

Überglücklich den Wunsch des Gastes so schnell erfüllt zu haben, kam sie nach wenigen Minuten mit dem Omlet aus der Küche und stellte es Herrn Müller auf den Tisch. Dieser zögerte einen Moment, aber nach heftigen Gesten von dem Bauer und seine Frau die besagten, er solle essen, ließ es sich Herr Müller schmecken.

Nur, nachdem der Gast das Omlet mit sichtlichem Genus verspeist hatte, gab er immer noch keine Ruhe und fing wieder an in dieser unverständlichen Sprache Fragen zu stellen.

"Frau" sagte der Bauer, "was fällt dir ein unserem Gast ein so kleines Omlet zu bringen? Was soll der Mann von uns denken? Ab in die Küche wo du hin gehörst und schnell noch ein Omlet her!" Gesagt getan: Die Frau rannte in die Küche und dachte sich dabei "noch einmal werde ich mir die Klagen meines Mannes nicht anhören. Nun, nehme ich halt die doppelte Menge Eier, noch ein Stück Brot, auf dem Herd geröstet und mit Olivenöl beträufelt und um ganz sicher zu gehen werde ich noch einen Salat mit Gurken, Tomaten, Schafskäse und frischen Kräutern machen."

Wieder zögerte der Gast als ihm das nun doch recht üppige Mahl gebracht wurde. Wieder konnten die Eheleute ihn mit Händen und Füßen überzeugen. Wieder aß Herr Müller die leckeren Speisen mit Hochgenuss.

Aber was war das? Als der Gast aufgegessen hatte verlangte er immer noch nach mehr. Warum konnte der Mann auch kein Griechisch wie jeder vernünftige Mensch, wenn schon nicht die Sprache die die Menschen in Archangelos zu sprechen pflegten? Dann könnte man ihm sagen, dass er fast alle Eier verspeist hat und dass die Gastfreundschaft nun doch sehr strapaziert wird.

"Ach," sagte der Bauer, "es hilft ja nichts. Wenn ich bei meinen Nachbarn nicht als unmöglicher Mensch dastehen will, der die einfachen Regeln der Gastfreundschaft missachtet, werden wir ihm auch noch unsere restlichen fünf Eier vorsetzen müssen. Wo futtern diese Deutschen das nur alles hin?"

Und so ging das was einmal als kleiner Imbiss gedacht war in die dritte Runde: "Jetzt langt es mir aber," dachte die Frau. "Wo kommen wir denn da hin? Wenn Maria die Geschichte erfährt, wird es heissen, dass ich keine gute Köchin und eine noch schlechtere Gastgeberin bin. Das ganze Dorf wird bis in den Winter mit mir seinen Spott treiben." Also packte die Frau zu dem dritten Omlet und dem zweiten Salat noch etwas von dem Lammbraten und den Ofenkartoffeln vom Vortag hinzu.

"Seltsam. Erst will er mehr und mehr zu essen, und nun ist er schon ganz rot im Gesicht. Diese Deutschen soll einer verstehen." Sagte der Bauer zu seiner Frau. "Nun, wenigsten hat er wohl jetzt genug gegessen und gibt endlich Ruhe."

Epilog

Herr Müller konnte nicht mehr! Drei Portionen, eine größer als die nächste, und reichlich Ouzo hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. "Nun werde ich doch erst einmal auf mein Zimmer gehen um zu verdauen. Wann der Bus nach Rhodos fährt, kann ich ja morgen noch einmal fragen."

Von: Xenophanes



"Heirat" auf Rhodos

Ich war letztes Jahr mit meiner Lebenspartnerin auf Rhodos. Sie hat mir vorher "ihr" Kreta in Paleochora gezeigt, wo sie vor 25 Jahren knapp ein Jahr gelebt hat. Dann habe ich ihr "mein" Rhodos gezeigt. Wir waren jeweils schwer angetan.

So, jetzt kommts:
Wir beide haben auf Rhodos geheiratet. Nicht offiziell und so, sondern in dem Kloster Tsambika. Der Aufseher hat uns für ein paar Minuten alleine gelassen und die Tür verschlossen, und dann haben wir uns dort gegenseitig versprochen. Das Symbol hierzu, eine Lederschnur mit jeweils zwei Zierelementen und unseren Glückssteinen hängt an der Votivwand.

Und am nächsten Tag habe ich in der Anthony Quinn-Bucht beim Schwimmen meinen Ehering verloren... Ich habe fast 45 min. mit der Maske gesucht, und tatsächlich in diesem zerklüfteten Unterwassergelände lag er plötzlich wie auf dem Tablett auf einer sauberen Steinplatte. In dem Moment, wo ich ihn sah, kam auch noch die Sonne hinter den Wolken hervor und er blinkte mir einen Sonnenstrahl zurück. Das war für uns ein Zeichen. Wir haben uns bei den Göttern im Olymp versprochen, aber einen wichtigen hatten wir dabei vergessen - Poseidon. Er und Helios hatten uns die gelbe Karte gezeigt.

Wir sind (im ernst!) am nächsten Tag nach Mandraki gefahren und haben Poseidon ein Opfer in Form einer Flasche Ouzo gebracht (vorbeigehende haben sich z. T. an die Stirn getippt, als sie das sahen).

Dieses und nächstes Jahr werden wir wieder auf Kreta sein, aber Rhodos wird uns auch wieder sehen, da sind wir uns einig!

Von: Bernhard

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